Atomeks Tonstudio
Als ich mir überlegte mit dem PC Musik zu machen fand ich es etwas schwierig zu beurteilen, was ich dafür benötigen würde. Daher möchte ich euch hier eine Beschreibung für Einsteiger geben.
Inhalt
Audio-Interface
PC
Audio-Interface
DAW-Software
Masterkeyboard
VST-Plugins
Tyrell N6 Synthesizer als VST-Plugin
Sounds selbst bauen mit dem Synthesizer
Produktion
Mein kleines Tonstudio
Die Welt der Schwingungen
PC
Es sollte ein moderner 64-Bit PC mit Windows 10 sein oder mit Apples macOS.
Ein breiter Monitor ist von Vorteil.
Audio-Interface
Die im PC vorhandene Audio-Schnittstelle genügt im Allgemeinen nicht, weil es damit Latenzen gibt, d.h. Verzögerungen bei der Tonausgabe, die es schwierig machen mit dem Keyboard Melodien einzuspielen.
Hier hilft ein externes Audio-Interface, das mit USB am PC angeschlossen wird. Üblich sind dabei ASIO-Treiber, die von der Firma Steinberg entwickelt wurden und geringe Latenzen im Millisekunden-Bereich ermöglichen. ASIO ist zum Standard geworden. Es gibt einen freien ASIO-Treiber, der auch die vorhandene PC-Audio-Hardware beschleunigt, aber das ist eine holprig funktionierende Notlösung.
Ich denke ich kann euch zum Einstieg das Audio-Interface von Steinberg empfehlen (ca. 100-150€). Das Modell UR242 kommt mit der DAW-Software Cubase AI. Es gibt auch das noch günstigere Modell UR12, was sicher auch geht.
DAW-Software
Eine DAW-Software (Digital Audio Workstation) ist ein Software-Sequencer, d.h. ein System zur Aufnahme, Bearbeitung und Herstellung von Musik.
Es gibt einige gute DAWs am Markt. Mit dem UR242 (oder anderen Audio-Interfaces der UR-Reihe) kommt eine Light-Version der führenden DAW-Software Cubase von Steinberg daher, die für den Einstieg sehr gut ist.
Ich habe keine freie DAW-Software gefunden, die gut funktioniert und leicht zu bedienen ist. Werft einen Blick auf MuLab.
Mittlerweile arbeite ich mit der Vollversion von MuLab. Die beiligenden Sounds sind Synthi-lastig, aber es wäre zuviel verlangt, wenn die DAW-Software auch die Samples liefern sollte. Die kann man sich extern besorgen (oder selbst einspielen).
Masterkeyboard
Ein Masterkeyboard wird meistens mit USB an den PC angeschlossen und dient der Eingabe der Töne über die DAW-Software. Theoretisch kann man auch ohne Keyboard mit der Software Musik machen, aber das ist nicht nur mühselig, sondern auch schlecht vom Klangergebnis. Für den Anfang genügt ein billiges Teil für vielleicht 40€.
Es ist dafür praktisch jedes Keyboard geeignet, es sollte aber schon USB haben. Die billigen Keyboards, wie das Arturia MicroLab haben keine eigenen Sound - brauchen sie auch nicht. Für den Schreibtisch reichen 2 Oktaven. Man kann die Tastatur per Knopfdruck transponieren, d.h. die Tonhöhe oktavenweise verschieben.
Gute Keyboards haben gewichtete Tasten. Sie fühlen sich einfach besser an und werden von Musikern gespielt. Einfache Keyboards haben lediglich anschlag-dynamische Tasten, d.h. sie spüren die Anschlagstärke (Velocity), die zum Einspielen wichtig ist.
VST-Plugins
VST ist ein Industrie-Standard von Steinberg eingeführt, der die Software- Schnittstelle zwischen DAW-Software und Fremd-Software definiert.
Neben Keyboard, Computer und DAW-Software benötigt ihr auch Software-Instrumente. Cubase AI bringt genügend Instrumente mit für den Einstieg, aber es ist durchaus vergnüglich andere Instrumente zu importieren und auszuprobieren.
Software-Instrumente, die gut klingen zu erstellen, ist Profi-Arbeit, die meistens und zu Recht bezahlt werden muss.
Tyrell N6 Synthesizer als VST-Plugin
Dieser Software-Synthesizer von amazona.de ist ein echter Hammer - er ist frei erhältlich. Er kommt mit Dokumentation und ist geeignet für eigene Sound-Experimente.
Da er als 64-Bit VST-Plugin daherkommt, kann er von Cubase und MuLab nahtlos integriert werden.
Sounds selbst bauen mit dem Synthesizer
Ein Synthesizer kann ein Gerät sein, oder eine Software, oft auch beides. Immer erzeugt er Töne elektronisch und heutzutage digital. Weil das menschliche Gehör fein, die Signale schnell und umfangreich sind und die Algorithmen oft kompliziert, sind solche Geräte erst seit den 80ern als computergestuerte voll digitale Geräte verfügbar.
Der Synthesizer besteht aus Bedienelementen zur Tonsteuerung und einem Keyboard zum spielen. Selbst für wenig Geübte lohnt es sich, Melodien eher einzuspielen, als sie am Bildschirm nach Noten zu entwerfen, denn das Gehirn nimmt Millisekunden war, die man schneller einspielt, als mühsam einzugeben.
Es ist sinnvoll sich etwas mit Harmonielehre zu beschäftigen - Dur, Moll, der Quintenzirkel. Anschließend weiss man, warum ein Sound gut klingt und man kann schneller Harmonien entwerfen, wenn man weiß worauf es zu achten gilt. Es gibt dazu Bücher, z.B. "Harmonielehre für Dummies".
Es ist eine Herausforderung, die Grundlagen der Synthesizer zu lernen, um selbst Sounds zu schaffen. Das ist zu Beginn nicht einfach und ich will euch hier wenigstens ein paar Begriffe auflisten, die zu verstehen sich lohnt.
- Ein Oszillator erzeugt eine Schwingung, Komplexe Töne haben mehrere Oszillatoren - z.B. 3 mit leicht verschobener Frequenz
- DCO - Digitally Controlled Oscillator, ein digital ansteuerbarer Oszillator (in der DAW eine Software)
- LFO - Low Frequency Oszillator, ein Oszillator mit niedriger Frequenz (z.B. 0.1 bis 10Hz), der wiederum die Frequenz eines DCO steuern kann. So entsteht ein Vibrato. Wird die Lautstärke eines DCOs durchaus einen LFO verändert, nennt man das Tremolo.
- ADSR-Envelope ist eine häufige Hüllkurve für die Lautstärke (Velocity). ADSR steht für Attack, Delay, Sustain und Release - das sind 4 Phasen eines typischen Tastenanschlages: Anschlag, Verzögerung des Abschwellens, Halte-Lautstärke und Abklingzeit. Dieses Hüllkurvenkonzept wird auch für die Steuerung anderer Verläufe verwendet. Man kann z.B. einen LFO mit einer ADSR-Hüllkurve über seine Frequenz steuern und damit wiederum einen DCO ansteuern - es entstehen dynamische Vibratos.
- Filter - häufig entsteht durch Addition von Frequenzen und Effekten ein Schwingungssalat, der störende hohe oder niedrige Frequenzen enthält. Filter lassen nur bestimmte Frequenzen passieren.
- Stereo - man hat es meist mit zwei Kanälen zu tun, die zusammen den Raumklang ermöglichen. Synthesizer bieten verschiedene Möglichkeiten und Effekte das zu nutzen
- Legato - die Art, wie Töne einander ablösen. Früher bezeichnete das eine Spieltechnik, heute erscheint der Begriff im Synthesizer im Zusammenhang mit dem Glide (stufenloser Tonübergang).
- Polyphonie - die Fähigkeit eines Systems mehrere Schwingungen parallel zu übertragen. Man kann einen Ton durch mehrere Kanäle, die gegeneinander verstimmt und phasenverschoben sind, lebendiger, räumlicher und voller erklingen lassen.
- Arpeggiator - eine Folge von Tönen, die der Synthesizer i.d.R. schnell in einer bestimmten Weise abspielt. Man drückt nur eine Taste des Keyboards und das löst die Tonfolge aus in der entsprechenden Tonlage.
- Transponieren - oktavenweises erhöhen oder erniedrigen einer Tonhöhe
- Velocity - Anschlagstärke einer Taste eines Keyboards
- MIDI - Standard für Kommunikation und Speicherung von Musik-Ereignissen. Mit diesen Ereignissen sind nicht die Konzerte von den Rolling Stones gemeint, sondern Ereignisse des Musikinstrumentes - Tastenanschläge und Änderungen der Bedienelemente. Die Geräte kommunizieren untereinander im MIDI-Format. MIDI-Dateien enthalten im Primzip Noten, die auch von anderen Geräten abgespielt werden können. MIDI definiert auch den 5-poligen Stecker älterer Geräte und die darin enthaltene serielle Schnittstelle.
- Reverb - damit meint die DAW den Nachhall
- Pitch - eigentlich Feinjustierung, aber im Zusammenhang mit DAW ist da eine Tonhöhen-Verstellung gemeint. Dafür haben die meisten Keyboards links einen Regler.
- Modwheel - Einer der beiden Regler links am Keyboard. Das Modwheel lässt sich in der DAW mit einem Parameter (Einstellwert) eines Synthesizers verbinden. Ich verbinde damit häufig die Filterfrequenz für bestimmte Effekte.
Produktion
Ich will hier nicht auf den kreativen Prozess eingehen, der zu einem Musikstück führt. Das ist ja der Spaß das selbst herauszufinden. Ich möchte nur den groben Ablauf beschreiben, damit ihr eine Vorstellung habt.
- Grobes Auswählen von Instrumenten und Spuren (z.B. vieren - Schlagzeug, Bass, Lead, Begleitung)
- Schaffen einer rythmischen Basis mit Takt und Geschwindigkeit, das kann z.B. ein Bass im 4/4-Takt sein, oder ein Schlagzeug-Rythmus
- Schaffen eines musikalischen Motives, einer Melodie oder von Fragmenten mit einem Lead-Instrument, z.B. eimem Klavier
- Schaffen einer Begleitung
- Strukturierung des Stückes in Strophen und Abschnitten, die zum Rythmus und dem Takt passen
Ist das Stück fertig mit Spuren, Instrumenten, Melodien und Effekten, wollt ihr es sicher veröffentlichen - normalerweise im .mp3- oder .ogg-Format. Dazu gibt es drei Schritte:
- Exportieren des Stückes als Wave-Datei (.wav oder .aif), welche die reinen Wellen enthält.
- Mastering der Wave-Datei, d.h. nachjustieren der Lautstärke und ev., Betonung von Höhen und Tiefen. Profis können die Spuren dabei anders abmischen, indem sie aus dem Stereo-Signal die Instrumente identifizieren.
- Exportieren des gemasterten Stückes als mp3 oder ogg. Diese verwenden audio-physiologische Erkenntnisse um eine gute Kompression zur erlangen. Der Weg vom Projekt zur Wave-Datei und zur mp3-Datei ist eine Einbahnstraße.
Wenn ihr eure ersten Stücke geschaffen habt, werdet ihr feststellen, dass sie auf verschiedenen Abspielgeräten anders klingen, als innerhalb der DAW-Software. Erfahrene Produzenten erzeugen ihre Stücke daher mit neutralen Sounds und normierten, d.h. Pegel- und Frequenz-vereinheitlichten Geräten. Danach ist das Mastering einfacher. Diesen Aufwand wollt ihr zu Beginn nicht treiben und regelt im Nachgang nur etwas nach. Ich benutze dafür Audacity.
Mein kleines Tonstudio
- Moderner PC mit 32"-Monitor
- Audio-Interface Steinberg UR242
- Masterkeyboard Arturia MICROLAB für den Desktop
- Masterkeyboard Swissonic easykey 49
- DAW-Software Cubase AI
- DAW-Software MuLab
- VST-Software Tyrell N6
- Software Audacity (frei) für das "Mastering"
Die Welt der Schwingungen
Die moderne Schwingungslehre basiert auf physikalischen Erkenntnissen, dem Verständnis einer Sinus-Schwingung und der zugrundeliegenden Mathematik, die eine Schwingung mit Frequenz (Tonhöhe), Phase (Nulldurchgang der Schwingung) und Amplitude (Stärke, Auslenkung) beschreibt.
Bei dem Verständnis sind die theoretischen Grundlagen von Vorteil, aber Musiker lernen sie auch intuitiv, ohne je von Fourier und Laplace gehört zu haben. Bildet man Schwingungen ab, wie es z.B. Audacity tut, sagen solche Graphiken wenig über die Musik aus, ausser vielleicht der Lautstärke.
Ein besseres Verständnis eines Signales (Ton, oder Klang) ergibt die Spektralanalyse, die das Signal von der sog. Zeitdomäne in die Frequenzdomäne überträgt. Dazu hat der Mathematiker Fourier bereits im frühen 19ten Jahrhundet ein Verfahren entwickelt. Fourier war es auch, der erkannte, dass sich jedes sich wiederholende Signal (und das sind Töne immer, bis zur nächsten Note) in eine Summe aus einzelnen Sinusschwingungen bilden lässt. Diese Erkenntnis bildet die Grundlagen für die moderne Hard- und Software des Signal-Processings. Für Ingenieure ist das Handwerkszeug. Doch auch dem angehenden Synthesizer-Spieler hilft die Erkenntnis. Warum gibt es am Ende eines Stückes einen Knacks, wenn man den letzten Ton nicht gegen die Mittelachse (die X-Achse der Zeit) laufen lässt? Der abrupte Sprung des Signales fordert eine hohe Frequenz, die viel Energie enthält. Die hohe Frequenz ist einer der Summanden der Fourier-Zerlegung, der zur Bildung der Kante des Signales benötigt wird.
Immer, wenn wir "eckige" Signalverläufe haben, kommen hässliche, hohe Frequenzen ins Spiel, die entweder von vorneherein vermieden, oder gefiltert werden müssen. Dies hilft beim Verständnis dafür, warum man beim Aussteuern eines Singales besser von den Grenzen fern bleibt, oder die Spitzen "sonderbehandelt".
Viele Aspekte eines Synthesizers, seine Effekte, sind besser zu verstehen, wenn man sich etwas mit dem Signal-Processing dahinter beschäftigt. Viele Musiker tun das nicht, sondern lernen intuitiv mit den Effekten umzugehen. Ihr Gehör ist ein erstaunlich genaues Werkzeug zur Vermessung von Schwingungen. Mit der DAW-Software kann mann die Effekte alle ausprobieren und das Ergebnis hören. Wir haben wortwörtlich einen Sinn für die Arbeit mit der DAW.
Habt ihr bereits einen PC, seid ihr mit ca 200€ auf der Naht bereit, Hans Zimmer vom Thron zu stoßen.